Von Unterstellungen und austauschbaren Slogans
In wenigen Tagen wird ein neuer Bundestag gewählt. Hinter den Machern von „Sachsen-Anhalt wählt“, einer Webseite mit Informationen zu allen Wahlkreisen, Direktkandidaten und Parteien in Sachsen-Anhalt, liegen dann arbeitsreiche Wochen. MDR SACHSEN-ANHALT hat nach einer vorläufigen Bilanz gefragt.
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Sie wollen helfen, im Dschungel von Wahlplakaten und Wahlversprechen nicht den Überblick zu verlieren: die Macher von „Sachsen-Anhalt wählt“. Auf ihrer Webseite bieten sie deshalb einen Überblick über sämtliche Parteien, deren Programm und die Direktkandidaten aus Sachsen-Anhalt – ohne dabei meinungsgetrieben zu sein. Im Mittelpunkt von „Sachsen-Anhalt wählt“ steht wie schon bei vorausgegangenen Wahlen die reine Information. Mitte August nun ist das Portal zur Bundestagswahl am 24. September online gegangen. Stefan Weißwange, einer der Initiatoren, mit einer vorläufigen Bestandsaufnahme.
Die Zahlen
Mit den nackten Zahlen sind die Macher von „Sachsen-Anhalt wählt“ zufrieden. Nach Angaben von Weißwange wurden bis Dienstagnachmittag rund 25.000 Seitenaufrufe gezählt. „Wir schauen aber besonders auf die Sitzungsdauer der Nutzer“, sagt er. Die habe durchschnittlich bei vier Minuten gelegen. Seine Schlussfolgerung: „Die Leute interessiert, was auf der Seite geschrieben ist.“ Das treffe besonders auf die Interviews zu, die die Macher der Seite mit vielen der Direktkandidaten geführt und online gestellt haben.
Die meisten Klicks haben demnach Informationen über die AfD gebracht, gefolgt von CDU, dem Bündnis Grundeinkommen und der Tierschutzallianz. „Bei der Landtagswahl hat die AfD noch mit Abstand vorn gelegen. Der Abstand zu anderen Parteien ist dieses Mal kleiner“, so Weißwange.
Die großen Themen
Sind laut Weißwange eher bundes- statt landespolitischer Natur – darauf jedenfalls lasse schließen, welche Begriffe die User in den Wahlprogrammen gesucht haben. Migration sei stark nachgefragt worden, auch hätten sich viele Nutzer in den Wahlprogrammen über Rente, Soziale Sicherheit und Wirtschaft informiert. Findet all das im laufenden Wahlkampf denn Widerhall? Zu wenig, denkt der Privatmann Stefan Weißwange. „Das Problem ist, dass der Wahlkampf zu reibungslos läuft“, sagt er. „Die Slogans auf den Wahlplakaten sind austauschbar. Echte Themen werden nicht angesprochen.“ Und, auch diesen Eindruck hat der 40-Jährige vom Bundestagswahlkampf mitgenommen: „Gefühlt haben sich alle schon mit einer weiteren Großen Koalition abgefunden.“ Eine wirkliche Diskussion über mögliche Bündnisse nach dem 24. September gebe es nicht.
Die Rückmeldungen
Wer auf der Webseite „Sachsen-Anhalt wählt“ surft, findet ein Kontaktformular, über das er direkt mit den Machern ins Gespräch kommen kann. „Verglichen mit der Landtagswahl gab es viele dieser Anfragen über das Formular“, sagt Weißwange. Einige hätten sich darüber beschwert, dass gewisse Kandidaten nicht in der Ausführlichkeit abgebildet worden seien, wie das bei anderen der Fall ist. „Das mündete in einem Fall in einer Unterstellung: Wir würden ja dafür bezahlt, die Leute so zu lenken, dass sie am Ende nicht AfD wählen, hieß es da“, sagt er. Das sei natürlich Unsinn. „Wir haben alle Kandidaten angeschrieben und um Antworten auf unsere Fragen gebeten. Wenn Kandidaten nicht darauf antworten, können wir das nicht ändern.“ Das antworte man auf die Beschwerden dann auch. „In zwei Fällen“, sagt Weißwange, „haben Nutzer sich für ihre Vorwürfe entschuldigt.“
Die Bedenken
Nach sechs Wochen „Sachsen-Anhalt wählt“ sind Stefan Weißwange wegen einzelner User-Rückmeldungen durchaus einige Bedenken gekommen – etwa dann, wenn Nutzer sich beklagten, die Inhalte aus dem Wahlprogramm würden am Ende ja ohnehin nicht umgesetzt. „In dem Fall habe ich darauf hingewiesen, dass in den allermeisten Fällen Koalitionen gebildet werden.“ Beispiele wie dieses lassen Stefan Weißwange vermuten, dass es einigen Nutzern der Seite schlicht am Verständnis über Grundprinzipien des demokratischen Systems fehlt.
Der Blick nach vorn
Die nächste landesweite Wahl in Sachsen-Anhalt ist für 2019 angesetzt. Dann ist Kommunalwahl. „Wir überlegen schon, wie wir uns breiter aufstellen können“, sagt Weißwange und verweist auf den Internetriesen Google, der schon jetzt einen ähnlich aufgebauten Service anbietet wie „Sachsen-Anhalt wählt“. Für ihn ist klar: Mit Google mitzuhalten, ist bei den Voraussetzungen der Suchmaschine nahezu unmöglich. „Deshalb“, kündigt der Hallenser an, „wollen wir zukünftig einen Mehrwert bieten.“ Zukunftsmusik. Am Wahltag werden Weißwange und seine Mitstreiter erst einmal die Wahlergebnisse abbilden. Danach beginnen die Vorbereitungen für 2019.
Quelle: MDR/ld