Mit freundlicher Genehmigung der Kornwestheimer Zeitung folgt der Beitrag von Susanne Mathes über Michael Nothdurft:

Einsatz für einen neuen Gesellschaftsvertrag

Michael Nothdurft, seit jeher ein politischer Mensch, kandidiert für das Bündnis Grundeinkommen.

Darf es sein, dass ein Mensch, der 45 Jahre lang in eine Rentenversicherung eingezahlt hat, nicht in Würde alt werden kann? Dass Menschen Dumpinglöhne akzeptieren müssen, um irgendwie durchzukommen? Dass nur diejenigen an der Mehrwertschöpfung teilhaben können, die über Kapitaleinkünfte oder Besitz verfügen? Nein, das darf nicht sein, steht für Michael Nothdurft fest. Und das sind nur drei Gründe dafür, dass sich der Konzertgitarrist und Lehrer an der hiesigen Musikschule beim baden-württembergischen Ableger des Bündnisses Grundeinkommen als Kandidat hat aufstellen lassen.

Zur Bundestagswahl zugelassen ist das Bündnis bereits: Im Ländle hatte die Partei die erforderlichen 2000 Unterstützerunterschriften schon im April beisammen.

Sie sieht sich bewusst als Ein-Themen-Partei, die sich nicht verzetteln will, sondern sich ausschließlich auf das bedingungslose Grundeinkommen konzentriert. Im Fokus haben die Kandidaten die Zweitstimmen der Wähler. Michael Nothdurft steht hinter der Lörracher Journalistin Uschi Bauer, dem Stuttgarter Kulturmanager Peter Jakobeit und dem Lörracher Biologen und Soziologen Matthias Lindemer auf Platz vier der baden-württembergischen Landesliste. Er baut Stände auf, diskutiert mit Passanten und hilft, die Idee über soziale Medien unters Volk zu bringen.

Nothdurft, Kulturschaffender mit kritischem Geist und wachen Antennen für sozial-, gesellschafts- und wirtschaftspolitische Themen, beschäftigt sich mit der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens schon länger. „Für mich ist es erstrebenswert, in einer Gesellschaft zu leben, in der Menschen nicht wegen ihrer ökonomischen Situation ausgegrenzt werden“, sagt der 59-Jährige. Erwerbsarbeit als Umverteilungsfaktor, das hält er grundsätzlich nicht für den richtigen Ansatz. Auch, weil es seiner Ansicht nach durch Digitalisierung und Automatisierung „langfristig ohnehin nicht möglich sein wird, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu erwirtschaften“.

Arbeit ist für Nothdurft aber ohnehin ein größerer, umfassenderer Begriff, der nicht im Kontext mit Entgelt gedacht werden sollte. „Wir leben noch ganz nach der Konditionierung, die aus der industriellen Revolution herrührt: Dass man sich sein Leben erarbeiten muss.“ Im bedingungslosen Grundeinkommen sieht er – was auch seiner Affinität zur Anthroposophie entspricht – die Möglichkeit, „anders zu denken und auf einen neuen Gesellschaftsvertrag hinzuarbeiten, der den Menschen die Freiheit ermöglicht, zu tun, was ihren Fähigkeiten entspricht“. Erhielte jeder Mensch ohne Bedürftigkeitsprüfung und sanktionsfrei das bedingungslose Grundeinkommen, könnte in Jobcentern anders beraten werden, stünde allen Bürgern die soziale Teilhabe offen, könnten „die Fesseln des ertragenden Leidensdruckes aufgebrochen und Schritte in die Freiheit gegangen werden“, ist der Musiker überzeugt.

Und wenn Dienstleistungen frei verhandelbar wären, würde im Niedriglohnsektor womöglich auch eine gerechtere Bezahlung Einzug halten.

Kritiker des bedingungslosen Grundeinkommens gibt es viele – die Hauptargumente gegen die Idee lauten: „Wer soll das bezahlen?“ und „Wer arbeitet denn dann noch?“ Die Befürworter halten dagegen, dass es etliche Finanzierungsmodelle gibt – und der Mensch an sich tätig sein wolle, aber selbstbestimmt und eigenverantwortlich. Sowohl in Sachen Finanzierung als auch beim Zuschnitt des möglichen Grundeinkommensmodells hält sich das Bündnis jedoch mit Festlegungen zurück.

„Es ist nicht unser Ziel, uns auf ein Modell festzulegen, sondern einen Konsens für das Thema an sich herzustellen“, begründet Nothdurft. Ziel sei es, die etablierten Parteien dazu zu bringen, sich überhaupt mit dem Sujet zu beschäftigen. Mit ihrer Zweitstimme könnten die Menschen dem Anliegen Nachdruck verleihen. Prominentester deutscher Grundeinkommen- Befürworter ist wohl Götz Werner, der Gründer des dm-Marktes. Modellversuche oder Gedankenspiele gibt es bereits in Finnland, Kanada und den Niederlanden.

Und wie würde sich ein Grundeinkommen auf Michael Nothdurfts eigenes Leben auswirken? Der seit 25 Jahren an der Musikschule wirkende Gitarrist könnte sich vorstellen, sich in diesem Fall selbstständig zu machen und „mit meiner eigenen Initiativkraft meine eigenen Impulse zu setzen“.

Sich auch überdies sinnstiftend einzubringen, um Beispiel ein Nachbarschaftscafé aufzumachen – Ideen hätte er schon. „Derzeit wäre man allerdings nie in der Lage, davon zu leben.“

Das bedingungslose Grundeinkommen könnte, da ist sich Michael Nothdurft sicher, dazu beitragen, dass Menschen emanzipatorisch und empathisch werden. „Es würde Herzenskräfte freisetzen.“