BUNDESTAGSWAHL-SERVICE (5): Gareth Joswig übers BGE:

CDU, SPD, Grüne und Linke sind im Bundestag. In Bremen wollen am 24. September noch weitere Kleinstparteien zur Wahl antreten. taz.bremen stellt sie vor – anhand der vier wichtigsten Faktoren. Heute: Das Bündnis Grundeinkommen (BGE)

Street-Credibility: mittel

Zur Illustration ein Mitschnitt aus einer Mittagspause einer Baustelle, tief im Bremer Westen. Zwei Hemelinger trinkende Bauarbeiter essen in der Mittagssonne Weizenbrötchen mit daumendick Maurermarmelade (Brotaufstrich formerly known as Mett) und lesen in der Bild von der Partei für das bedingungslose Grundeinkommen: „Das sind doch bloß Gutmenschhippies, die sich in der Hängematte einen über Kommunismus zurechtspinnen und sich dann dafür einsetzen, dass überhaupt keiner mehr zur Arbeit geht und jeder trotzdem ’nen Taui auffer hohen Kante hat. Wo kämen wir hin!“ – „Das Geld würde ich aber nehmen. Prost.“ Bester Ort für den Wahlkampf: In Warteräumen sämtlicher Jobcenter.

Facebook-Faktor: okay

Immerhin 7.900 Likes auf Facebook, 920 Follower auf Twitter. Hashtag Grundeinkommen ist wählbar. Ist durch prominente Unterstützer wie den dm-Milliardär Götz Werner zwar immer mal wieder als Idee in den Medien, aber als Partei noch weitgehend unbekannt. Ach so, und die feinen Damenherren* Soziolog*innen, die das unterstützen, sind sich natürlich viel zu fein für ein handfestes Gemetzel in den Kommentarspalten. Pfff.

Weirdness: nicht so

Als Ein-Themen-Partei zwar klare Eigenbrötler und politisch obdachlos, aber dafür sind sie in Diskussionen mit halbwegs guten Ideen und zukunftsgerichteter Denkweise erstaunlich gesellschaftsfähig. Wenn man dann noch von der Grundeinkommen Gratis-Lotterie, dem Experiment in Finnland, ausgefeilten soziologischen Theorien zu sozialer Ungleichheit und deren Ergebnissen erzählt, wird man am Ende noch gewählt. Werden natürlich trotzdem von hanseatischen Sozialdemokraten bis konservativer CDU als realitätsferne Träumer abgetan.

Durchhalte-Faktor: unklar

Sind schon seit Jahren außerparlamentarisch aktiv, aber das erste Mal bei der Bundestagswahl zugelassen, deswegen gibt es hier noch nichts zu sehen.

taz.am Wochenende vom 29. 7. 2017/taz.bremen/S. 48 Bremen 62 ePaper