Zukunft Grundeinkommen? Wir brauchen einen neuen Mantel!
Bei der Bundestagswahl erreichte man einen Achtungserfolg, in allen 16 Bundesländern landete das „Bündnis Grundeinkommen“ auf dem Wahlzettel.

Seitdem ist es ruhig geworden um die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens. Aufgegeben hat man nicht, insbesondere in Nordhausen ist das „BGE“ weiter aktiv…

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Genug für alle statt Existenzangst – geht es nach den Befürwortern eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) würden die allgemeinen Sozialleistungen abgeschafft und durch ein geregeltes, steuerlich finanziertes und garantiertes Einkommen für jedermann ersetzt, vom Kleinkind bis zum Greis. Das sollte so hoch ausfallen, das die eigene Existenz gesichert ist und genug übrig bleibt um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, die nötigen Mittel dazu seien heute schon vorhanden.

Der Mensch würde so frei, sich seine Arbeit selbst zu schaffen, unabhängig von Leistungsdruck und Lebenshaltungskosten, unentgeltliche Arbeit wie Kinderbetreuung, Angehörigenpflege und Ehrenamt würden dem familiären Geldbeutel nicht schaden und eine neue Wertigkeit erhalten und die meisten würden, trotz Grundeinkommen, weiter arbeiten, nur eben anders als bisher, argumentieren die Unterstützer des „BGE“.

Mit dem Thema landete man bei der Bundestagswahl vor zwei Jahren einen Achtungserfolg. Innerhalb weniger Monate gelang es dem „Bündnis Grundeinkommen“ in allen 16 Bundesländern genug Unterstützer zu finden um auf den Wahlzetteln zu stehen. „Das war das ausgegebene Ziel und das haben wir erreicht“, sagt Susanne Schickschneit, Vorsitzende des Vereins „Thüringer für Grundeinkommen“ und zeitweilig Thüringer Parteivorsitzende. Das Thema sollte in die öffentliche Debatte getragen werden und das funktionierte. Eine Zeit lang.

Bei den jüngsten Wahlen spielte das Thema Grundeinkommen kaum eine Rolle. 0,2% der Wählerstimmen erlangte man bei der Europawahl in Deutschland. Der Reiz des Neuen und des Anderen, der dem BGE die Aufmerksamkeit vor zwei Jahren gesichert hatte, sei verflogen, meinst Schickschneit, man suche inzwischen nach neuen Wegen das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen, über die Partei zum BGE aber auch über Strukturen wie dem Thüringer Verein. „Wir wussten immer das wir einen langen Atem haben müssen. Der DM-Gründer und BGE-Verfechter Götz Werner hat einmal gesagt: „Beständig im tun, gering in den Erwartungen“. Das trifft es ganz gut“.

In Thüringen organisiert man Lesungen prominenter BGE-Befürworter, versucht Informationen an den Mann und die Frau zu bringen und trifft sich mit aufgeschlossenen Vertretern der Politik. Wahrgenommen wird das bisher kaum. „Wir waren in der Vergangenheit vielleicht etwas zu nett. In diesen Zeiten muss man auch mal provokant auftreten“, sagt Schickschneit und ist sich sicher das sie die Einführung eines Grundeinkommens noch erleben wird. „Der Flickenteppich unserer Sozialpolitik ist nicht mehr Zukunftsfähig. Der alte Bismarck hat uns diesen Mantel um gehangen, wir haben ihn, wenn es nötig schien, ein wenig ausgebessert und den Schnitt der Mode angepasst aber es ist immer noch derselbe alte Stoff und der wird irgendwann reißen. Wir brauchen einen neuen Mantel. Die Jungen werden nicht ewig für die Alten zahlen können und wenn die Automatisierung weiter voranschreitet wird es Millionen Menschen geben, für die es nicht mehr reichen wird. Wenn uns nichts besseres einfällt, bleibt uns gar keine andere Wahl als ein Grundeinkommen einzuführen“.

Völlig utopisch ist die Idee des BGE nicht, diverse Feldversuche haben sich wissenschaftlich mit dem Thema befasst, Schickschneit zweifelt aber an der tatsächlichen Aussagekraft solcher Modellprojekte. „Man sieht vor allem wie sich ein BGE auf den Einzelnen auswirken würde, sieht das es den Menschen generell besser geht und das sie glücklicher sind. Wie sich die Einführung eines BGE auf die Volkswirtschaft auswirken würde, welche Transformationsprozesse in Gang gesetzt würden, das kann man leider nirgendwo sehen. Deswegen hatten wir die Forderung aufgemacht eine Enquette-Kommission zu schaffen, die sich ausführlich mit dem Thema befasst. Das wurde in Berlin leider abgelehnt.“

Vom Tisch ist das Thema damit nicht, die BGE-Bewegung lebt weiter. An der Universität Freiburg wurde jüngst ein Lehrstuhl gestiftet, der sich dem Grundeinkommen widmen will und in Thüringen wird die BGE-Partei im Herbst zur Landtagswahl antreten. Die nötigen Stimmen, die es braucht um auf dem Wahlzettel zu stehen, hat man bereitts zusammen.
Angelo Glashagel